Hinweis: Die vorangehenden Abschnitte dieser Website konzentrieren sich auf die Reduzierung von sozialem Stress, der potentiell als Kriminalität oder sozialer Konflikt zum Ausbruch kommen kann. Zusätzlich zu diesem Ansatz müssen wir, wo immer möglich, versuchen, die Stressfaktoren selbst zu lindern, z. B. durch Identifizierung und Milderung der Quellen von akutem sozialem Stress: Armut, soziale und wirtschaftliche Ungleichheit, Vertreibung und andere wohlbekannte Faktoren. Weniger bekannt ist das Potential klimatischer Veränderungen zur Verschärfung und Verschlimmerung dieser gesellschaftlichen Stressoren, was die Gefahr eines Konfliktes noch erhöht. Dr. R. K. Pachauri, eine weltweit anerkannte Autorität auf dem Gebiet des Klimawandels, unter dessen Führung das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) im Jahr 2007 den Nobelpreis gewann, fasst die potentiellen Auswirkungen des Klimawandels wie folgt zusammen. Diese Auswirkungen erhöhen die Motivation zu entschlossenem, vorbeugendem Handeln. — John Hagelin, Präsident
Klimawandel und globale Konflikte
R.K. Pachauri, Ph.D.
Vorsitzender des Intergovernmental Panel
on Climate Change, 2002-2015
Stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Energy and Resources Institute (TERI)
Zahlreiche statistische Untersuchungen haben den potentiell großen Einfluss klimatischer Veränderungen auf menschliche Konflikte gezeigt [1]. Der Klimawandel hat das Potential, das Risiko gewalttätiger Konflikte zu erhöhen, denn er verstärkt die bekannten Ursachen dieser Konflikte: Wettstreit um Ressourcen, Hunger, wirtschaftliche Krisen aufgrund wachsender Armut.
Untersucht man, wie Länder und Sicherheitsinstitutionen darauf reagieren, zeigt sich, dass viele Staaten den gegenwärtigen und vorhersehbaren Klimawandel als Verstärkung geopolitischer Sorgen ansehen (Dabelko, 2009; Smith, 2011). Die Bereitschaft der Staaten, Ressourcen zu teilen und ihre Fähigkeit, das Überleben der Menschheit zu gewährleisten, werden durch die Auswirkungen des Klimawandels vor eine große Herausforderung gestellt. Dadurch können Besitzansprüche auf dem Festland und zur See hervorgerufen werden und in extremen Fällen die territoriale Integrität oder Lebensfähigkeit von Staaten bedroht werden (Barnett und Campbell, 2010; Houghton et al., 2010; Yamamoto und Esteban, 2010) [2]. Es sollte erwähnt werden, dass Extremereignisse häufig konfliktbegleitet sind. Als der Hurrikan Katrina die Innenstadt von New Orleans verwüstete, brachen spontan Konflikte aus. Obwohl eine wissenschaftliche Bewertung noch aussteht, haben verschiedene Kommentatoren die Konflikte in Sudan und Syrien mit ausgedehnten Dürreperioden, überraschendem Wetterverhalten und anderen Erscheinungen des Klimawandels in Verbindung gebracht. Klimaschwankungen oder Klimawandel werden auch als eine wesentliche Ursache der Massenmorde angesehen, die 2003 in der Region Darfur begannen [3].
Der fünfte Assessment Report (AR5) des zwischenstaatlichen Panels of Climate Change (IPCC) hat vorhersehbare Auswirkungen des Klimawandels begutachtet und die potentiellen Auslöser von Konflikten hervorgehoben, die sich durch den vom Menschen ausgelösten Klimawandel ergeben. Es gibt fünf »besorgniserregende Ursachen«, die in dem AR5 festgestellt werden, und jede von ihnen kann direkte konfliktauslösende Auswirkungen auf die Gesellschaft haben. Diese beinhalten (1) einzigartige und bedrohte Systeme, (2) extreme Wetterphänomene, (3) Verbreitung von Einflüssen, die über den Globus verteilt variieren, (4) weltweit sich summierende Auswirkungen wie der Anstieg des Meeresspiegels und (5) großräumige Einzelereignisse.
Der Klimawandel wird die Risiken verschärfen und Armut zementieren (sehr hohe Wahrscheinlichkeit). Die bekannten und vielfach zitierten Wheeler-Daten (2011) analysieren Klimarisiken und die Fähigkeit der Länder, ihrer Herr zu werden. Die wachsende Häufigkeit von Extremereignissen wurde Regionen mit hoher Armut gegenübergestelt. Von den zwanzig Ländern mit dem größten Risiko gehören sieben zu den Ländern mit niedrigem Einkommen (Low Income Countries, LICs). Acht Länder verfügen über niedriges bis mittleres Einkommen (Low and/or Middle Income Countries, LMIC), vier über mittleres bis hohes Einkommen (Upper Middle-Income Countries, UMIC), und ein Land zählt zu den Ländern mit hohem Einkommen (High Income Countries, HIC). [4]
Der Synthesis Report (SYR) des AR5 zum Beispiel betont, dass der Klimawandel zu verstärkten Bevölkerungsverschiebungen führt. Bevölkerungen, denen die Möglichkeit zur geplanten Migration fehlt (z. B. Entwicklungsländer mit geringem Einkommen), sind extremen Wettergeschehen – Überschwemmungen, Dürren – stärker ausgesetzt. Veränderte Migrationsmuster könnten die Reaktion auf extremes Wettergeschehen und langfristige Klimaschwankungen und Klimaveränderungen sein.
Diejenigen Teile der Weltbevölkerung, die Erfahrungen mit Wasserknappheit oder mit großen Flussüberschwemmungen haben, werden parallel zum Temperaturanstieg des 21. Jahrhunderts voraussichtlich größer werden. Der Klimawandel im 21. Jahrhundert wird das erneuerbare Oberflächenwasser und die Grundwasserreserven in den trockensten subtropischen Regionen voraussichtlich mindern und den Wettkampf um Wasser in den einzelnen Bereichen verstärken. In den heutigen Trockengebieten wird die Dürrehäufigkeit bis Ende des 21. Jahrhunderts wahrscheinlich noch zunehmen.
Zudem werden wahrscheinlich alle Aspekte der Nahrungsversorgung vom Klimawandel beeinflusst, einschließlich der Erzeugung von Nahrungsmitteln, ihrer Verfügbarkeit, ihrem Verbrauch und ihrer Preisstabilität. Für Weizen, Reis und Mais in tropischen und gemäßigten Regionen geht man bei einer ungenügenden Anpassung an den Klimawandel von einem negativen Einfluss auf die Produktion aus, sobald die örtlichen Temperaturanstiege gegenüber dem späten 20. Jahrhunderts 2 °C oder mehr beträgt.
Bis zur Mitte des Jahrhunderts wird der prognostizierte Klimawandel die menschliche Gesundheit vor allem durch die Verschärfung der bereits bestehenden Probleme beeinflussen. Die Ausbreitung und Vermehrung der von Moskitos verursachten Krankheiten in einigen Teilen der Welt ist neben anderen Faktoren eindeutig eine Folge des Klimawandels. Zu den anderen gesundheitlichen Auswirkungen zählen eine höhere Wahrscheinlichkeit von Verletzungen und Todesfällen durch intensivere Hitzewellen und Brände, wachsende Gefahren von Krankheiten durch schlechte Lebensmittel und Wasser sowie der Rückgang der Arbeitskraft und der Produktivität in gefährdeten Bevölkerungen. Die Gefahr von Mangelernährung in armen Regionen wird zunehmen. Voraussichtlich wird auch die Gefahr von ansteckenden Krankheiten mit der Erwärmung zunehmen: Infizierte Gebiete werden ebenso wachsen wie entsprechende Jahreszeitenperioden, auch wenn es in einigen Gebieten so heiß werden wird, dass Krankheitserreger nicht mehr überleben können.
Alle diese Veränderungen und ihre Auswirkungen erhöhen die Möglichkeit für Konflikte auf regionaler wie auf internationaler Ebene. Solange der Klimawandel nicht entsprechend bekämpft und wesentlich gemildert wird, werden Größe und Ausmaß dieser negativen Auswirkungen in den kommenden Jahrzehnten deutlich zunehmen.
Quellen
- Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), Fifth Assessment Report (AR5), Working Group II (WGII), Climate Change 2014–Impacts, Adaptation, and Vulnerability, Part A: Global and Sectoral Aspects, 19.4.2.2–Risk of Conflict and Insecurity, 1061.
- IPCC AR5 WG II, Climate Change 2014–Impacts, Adaptation, and Vulnerability, Part A: Global and Sectoral Aspects, 12.6.2–Geopolitical Issues, 775.
- IPCC AR5 WG II, Climate Change 2014–Impacts, Adaptation, and Vulnerability, Part A: Global and Sectoral Aspects, Box 12-5–Climate and the Multiple Causes of Conflict in Darfur, 773.
- IPCC AR5 WG II, Climate Change 2014–Impacts, Adaptation, and Vulnerability, Part A: Global and Sectoral Aspects, 13.2.2.1–Projected Risks and Impacts by Geographic Region, 810.